Making-of
Ein Lexikon

Making-of. Ein Lexikon versammelt Texte zum Begriff Making-of. Die Online-Plattform wurde von Studierenden der Geistes- und Kulturwissenschaften initiiert. Sie widmet sich der Erforschung verschiedenster Making-of-Formate in der Gegenwartskultur und kann um neue Begriffe und Texte erweitert werden.

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Eine neue Version ist verfügbar

Typischer Satz, mit dem ein Software-Update angekündigt wird. Findet sich regelmäßig in Apps und im Web, aber bisher nicht im Bereich kultureller Produkte. Das gleichnamige Buch Eine neue Version ist verfügbar von Dirk von Gehlen beschreibt die Idee, digitalisierte Kultur unter den Bedingungen von Software zu denken und setzte diesen Gedanken in einem Crowdfunding-Projekt auch selbst in die Tat um.
Während die klassische Verwertungslogik kultureller Güter durch die Möglichkeit kostenloser Replikation unter Druck gerät, verortet von Gehlen in Zeugenschaft und Teilhabe an der Produktion selbst einen unkopierbaren Wert jedes Werkes, der neue Geschäftsmodelle im digitalen Raum begründen könnte. Eine solche Form der Produktionsöffentlichkeit wird hergestellt durch den Zugang zu simultanen Making-ofs. Sofern der Zugang zu dieser Produktionsöffentlichkeit kommerziell erworben wird, handelt es sich um eine (demokratisierte) Form des Mäzenatentums. Dabei steht nicht zwangsläufig die Authentizität des Schaffensprozesses im Vordergrund, sondern eine passende und stimmige Inszenierung.
Eine „verflüssigte“ Kultur, die Produktionsprozesse und Zwischenstadien zugänglich macht, ermöglicht außerdem das Nebeneinander von Versionen: Ähnlich wie ein alter Wein-Jahrgang kann auch die frühere Version eines Werkes sich zum Klassiker oder Liebhaberstück entwickeln.
In den fünf praktischen Schlussfolgerungen seines Buches fordert von Gehlen, (1.) das Produkt konsequent als Prozess zu denken, in der Folge (2.) das Gespräch mit den Nutzerinnen und Kollegen zu führen und somit (3.) ein Netzwerk zu erstellen bzw. (4.) einen Salon zu eröffnen, in dem Produzentinnen und Rezipienten sich zur Geschmacksbildung und Werkkritik austauschen. So werden schon während der Produktion (5.) Erlebnisse geschaffen, was im Anschluss an Jeremy Rifkins Access als ursprüngliche Kompetenz der Kulturindustrie und herrschendes Paradigma einer zukünftigen Ökonomie verstanden wird.
Als Konsequenz aus diesen theoretischen Überlegungen wurde das Buch – wie Software – in Versionen geschrieben, die für die Käuferinnen des Crowdfundings auch in ihren unfertigen Fassungen sichtbar waren. Regelmäßig erhielten sie Mails, in denen der Schreibfortschritt dokumentiert wurde, und waren durch ihre Rückmeldungen direkt an der Entstehung beteiligt (autopoeitische Feedbackschleife). Eine neue Version ist verfügbar ist damit zugleich sein eigenes literarisches Making-of.

Quellen

Rifkin, Jeremy. Access. Das Verschwinden des Eigentums. Frankfurt/New York: Campus 2007.

von Gehlen, Dirk: Eine neue Version ist verfügbar. Berlin 2013.