Making-of
Ein Lexikon

Making-of. Ein Lexikon versammelt Texte zum Begriff Making-of. Die Online-Plattform wurde von Studierenden der Geistes- und Kulturwissenschaften initiiert. Sie widmet sich der Erforschung verschiedenster Making-of-Formate in der Gegenwartskultur und kann um neue Begriffe und Texte erweitert werden.

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The Joy of Painting

Eines der erfolgreichsten Gegenprogramme zur Stilisierung des Künstlers als mythische Figur ist nicht im Arthouse- oder im Experimentalkino entwickelt worden, sondern im Fernsehen, in den 31 Staffeln des TV-Malkurses The Joy of Painting, die der US-amerikanische Sender CBS von 1983 bis 1993 mit Bob Ross produziert hat. Andere Filme über Malerei haben die Arbeit am Bild im Zeichen der Opazität (Clouzots Le mystère Picasso), der Expressivität und Spontaneität (Namuths Pollock) oder der Nicht-Diskursivierbarkeit (Belz‘ Gerhard Richter Painting) in Szene gesetzt. In The Joy of Painting, seriell organisiert und von repetitiven Strukturen bestimmt, dreht sich alles um die Materialität des Malakts und die Inszenierung der Malerei im Modus des Do-It-Yourself: eine sehr technische Angelegenheit, bei der es vor allem auf das Equipment und dessen korrekte Handhabung ankommt. Im Sinne des Making-ofs werden hier Prozesse des Beobachtens, Beschreibens und der Ästhetisierung des künstlerischen Schaffens zusammengeführt.

Dass die Malerei von Bob Ross (die Gemälde selbst ebenso wie die Freude am Malen) am besten mit spezifischen Instrumenten, Materialien, Techniken herzustellen sei, ist Grundlage für die Konzeption der Kunstvermittlung als eingetragenes Warenzeichen. ‚Bob Ross‘ ist eine Figur, aber auch ein Label für Pinsel und Pinselreiniger, Spachtel, Paletten und vor allem Ölfarben, letztere bereits sortiert nach Genres (‚Blumenmalerei‘,  ‚Wildtiermalerei‘, ‚Landschaftsmalerei‘) und Motiven (‚Seestücke‘, ‚Gebirge‘). Das lizensierte Sortiment wird ergänzt durch lizensierte Schulungen: Malkurse für die interessierten Laien, Lehrgänge für angehende Vermittler einer Maltechnik, die, gerne mit einem Verweis auf Vincent van Gogh, als ‚Nass-in-Nass-Malerei‘ beschrieben wird. In ihrem Grundprinzip, Malerei strikt als ein Produkt von Materialien und Techniken zu behandeln, ähnelt die Sendung The Joy of Painting einer Kochshow. Gleiches gilt für das strikte Zeitregime, in dem die Herstellung (des Gemäldes, des Gerichts) durch einen Zeitrahmen modelliert wird. Was sich als Produktionsprozess präsentiert, ist in beiden Fällen durch ein Ensemble von Zutaten und Verfahren, durch einen fixen Zeitrahmen, den Imperativ der Fertigstellung und die Parameter des präzisen Zeitmanagements bestimmt. Die Malerei nach Bob Ross erzieht zum ökonomischen Umgang mit Kompetenzen und zur Beachtung der gesetzten Deadline. Scheitern als Ausgang des Produktionsprozesses ist unter dergleichen Bedingungen weder diskursivier- noch integrierbar: „There are no mistakes. Just happy little accidents,“ gehört zu den wiederkehrenden Anmerkungen, die in The Joy of Painting die Produktion des Bildes vor der Kamera zäsurieren. In der Inszenierung des Malakts verschränkt diese Sendung die Akzentuierung der Materialität mit der Fiktion einer ‚creatio ex nihilo‘, in der Maler und Leinwand in einen opaken Raum gestellt sind, für den ein Off nicht zu existieren scheint. Kein Studio, kein Fernsehteam; keine Studiolichter, keine Kameras und erst recht keine Akteure, durch die der exklusive Dialog zwischen Bob Ross und seinen Fernsehzuschauern irritiert würde. Ebenso: keine Präparation, keine Aufbauten, viel weniger noch eine Übungs- und Probenphase, in der die Effekte der Arbeit am Bild oder die Effekte der Aufzeichnung ausgetestet und in die Inszenierung integriert würden. The Joy of Painting präsentiert eine Malerei ohne Vorgeschichte und ohne Retakes; das Making-of kennt hier keine andere Zeit als die serialisierte Gegenwart der Bildproduktion und keinen anderen Schauplatz als die Leinwand selbst, die von Bob Ross primär als ein Ort der Anwendungen begriffen wird.

Mit herzlichem Dank an Greta Kallsen, die in einem Essay auf die Affinitäten aufmerksam gemacht hat, die hinsichtlich des Zeitmanagements zwischen ‚The Joy of Painting‘ und dem Format ‚Kochshow‘ bestehen.

Quellen