Making-of
Ein Lexikon

Making-of. Ein Lexikon versammelt Texte zum Begriff Making-of. Die Online-Plattform wurde von Studierenden der Geistes- und Kulturwissenschaften initiiert. Sie widmet sich der Erforschung verschiedenster Making-of-Formate in der Gegenwartskultur und kann um neue Begriffe und Texte erweitert werden.

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Tanzträume

Tanzträume – Jugendliche tanzen KONTAKTHOF von Pina Bausch (2009) ist ein Dokumentarfilm der Regisseurin Anne Linsel und des Kameramanns Rainer Hoffmann. Das retrospektive Making-of begleitet die fast einjährige Probenphase der Tanzproduktion Kontakthof mit Teenagern ab ,14‘, die am 7. November 2008 Premiere im Schauspielhaus Wuppertal hatte. Die Inszenierung ist eine Wiedereinstudierung des Tanzstücks Kontakthof (1978) der Choreographin Pina Bausch mit vierzig Jugendlichen, die von den beiden ehemaligen Bausch-Tänzerinnen Josephine Ann Endicott und Bénédicte Billiet unter der künstlerischen Leitung Bauschs betreut wurde. Als filmisches Making-of steht Tanzträume in einer Reihe mit aktuellen Filmdokumentationen von Produktionsprozessen verschiedener Tanzinszenierungen mit nichtprofessionellen Darstellern sowie ehemaligen Tänzerinnen wie Rhythm is it! (2004) oder Tanz mit der Zeit (2007).

Der Film Tanzträume beginnt mit einer Bühnenprobe, so dass man bereits am Anfang des Making-ofs einen Eindruck der späteren Aufführungssituation, auf die der Probenprozess hinausläuft, erhält. Auch wenn während des Films von der Probenleiterin Josephine Ann Endicott gesagt wird, man wisse nicht, ob alles fertig werde, wird ein mögliches Scheitern des Projekts im Film nie thematisiert und auch filmdramaturgisch nicht inszeniert. Im Folgenden wird der Produktionsprozess chronologisch präsentiert und Pina Bausch als künstlerische Leitung der Inszenierung eingeführt, die zu einzelnen Proben und Bühnenproben erscheint sowie als rauchende Beobachterin über die erste und zweite Besetzung entscheidet. Bei der Premiere, mit der Tanzträume endet, ist es Pina Bausch, die Rosen an die Jugendlichen und die beiden Probeleiterinnen verteilt, bevor sie von der Bühne abgeht – das letzte Bild des Films und gleichzeitig die letzten Filmaufnahmen Pina Bauschs vor ihrem Tod 2009.

Die Übergabe der Inszenierung Kontakthof durch die beiden ehemaligen Tänzerinnen an eine Gruppe Jugendlicher erscheint somit als Vermächtnis der Choreografin. Über die Arbeitsweise Pina Bauschs erfährt man in Tanzträume nur durch Erzählung: Stücke wie Kontakthof entstünden aus der Probenarbeit mit den Tänzerinnen sowie aus der Verarbeitung deren eigener biografischer Erlebnisse. Der dargestellte Probenprozess zeigt jedoch vor allem ein detailgenaues Einstudieren der originalen Bewegungsabläufe und Ausdrucksweisen der ursprünglichen Kontakthof-Inszenierung von 1978, die mittels einer Videoaufzeichnung während der Proben präsent ist und als Grundlage der Rekonstruktion dient.

Tanzträume inszeniert – anders als etwa das Making-of Der Hexer in Niedernhall (2005) – die Probe(bühne) als einen harmonischen Ort. Doch auch bei diesem Making-of wird der Probenprozess als eine Zeit der persönlichen Entwicklung und Reifung der jugendlichen Protagonisten dargestellt: Fünf der vierzig Jugendlichen erzählen in außerhalb des Wuppertaler Theaters gedrehten Interviewszenen aus ihrem Privatleben und sprechen von den positiven Veränderungen, die sie durch die Probenarbeit während des Produktionsprozesses erfahren haben.

Das Format des Making-ofs weist auch auf ein gesellschaftliches Interesse an einem Kinofilm hin, der den Produktionsprozess einer Wiedereinstudierung des Werkes einer bekannten Choreographin zeigt. Dieser künstlerische Prozess wird nicht nur als auf der Probebühne stattfindend erzählt, sondern auch als ein Produktionsprozess, der die Weiterentwicklung Jugendlicher als Bestandteil dieses Prozesses versteht.

Quellen

Tanzträume – Jugendliche tanzen KONTAKTHOF von Pina Bausch. Deutschland 2009, Regie: Anne Linsel.