Netzwerke besitzen für Making-ofs multiple Bedeutung. Das Netzwerk ist zunächst eine sprachliche und visuelle Metapher der Verknüpfung heterogener Machensprozesse und somit eine Beschreibungskategorie. Mit Bruno Latour und dessen Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) gilt es hingegen, den Fokus auf Handlungsmomente zu lenken, die auf einer kontingenten oder ephemeren Einheit von Akteuren, Objekten und Technologien basieren.
Der Netzwerk-Begriff wurde vor allem in der soziologischen Forschung stark differenziert entwickelt. Bereits Georg Simmel beschreibt Individuen oder Gruppen und deren (Inter-)Relationen als netzwerkartige Ordnung. Infolgedessen wird Gesellschaft als Netzwerk „sozialer Konnektivität“ verstanden, „d.h. die Knoten des Netzwerkes sind Menschen, und die Verbindungen zwischen diesen sind Beziehungen“ (Quandt 121). Netzwerkkonzepte beziehen sich also zunächst auf die Akteure und ihre gesellschaftlich-hierarchische Organisation, woran das Making-of anknüpfen kann, wenn die Funktionen und Interrelationen von an Machensprozessen beteiligten Akteuren beschrieben werden.
Ende der 1990er-Jahre etablierte Manuel Castells das Netzwerk als wesentliche Beschreibungskategorie von Prozessen der Kommunikation, der Mobilität, der Informationsflüsse und der Kapitalströme und entwickelte so die „Netzwerkgesellschaften“ als dominante gesellschaftliche Organisationsstruktur im Zeitalter der Globalisierung (2001ff.). Das Netzwerk betont hierin die heterogene Verknüpfung von Orten und Prozessen wie auch deren Delokalisierung aufgrund der Überwindung räumlicher Gebundenheit durch Technologien der Kommunikation und Mobilisierung und entfernt sich von der Akteur-Fixierung. Die daraufhin formulierte soziale Kritik (vgl. Massey) am Ausschluss und der Marginalisierung von bestimmten Räumen und Orten inklusive ihren Bewohnerinnen markiert ein Gegenargument zum grenzenlos positiv rezipierten Potential (ökonomischen) Wachstums und zur auf den sozialen Medientechnologien basierenden individuellen Freiheit.
In der Überlegung, ob die Gegenwart durch technische Errungenschaften wie z. B. Social Media und das Internet Zeuge eines allumfassenden Paradigmenwechsel wird oder bereits schon ist, nimmt die Making-of-Perspektive eine machtvolle Position ein. Denn Kernelement eines jeden Making-ofs ist die Verknüpfung einer medialen oder virtuellen Welt und einer solchen, die leibliche Ko-Präsenz bewusst konstituiert. Making-of als Format ist die Beobachtung von Machensprozessen in Abhängigkeit von einer Form der medialen Übersetzung, so beispielsweise als Film, YouTube-Video, Text, Soundfile etc.
Hierzu erweist sich das Netzwerk-Konzept nach Castells als nützlich: Das Making-of als ein simultanes Verknüpfen und Kontrastieren von heterogenen Abläufen ist ein Netzwerk von Kommunikations- und Prozessflüssen. Gleichzeitig beschreibt das Netzwerk auch die Inszenierungslogik von Struktur und Prozessualität der Making-ofs als Mutation zwischen realen und medialen Räumen. Ausschlussprinzipien sind ähnlich zentrale Eigenschaften, denn die technischen, zeitlichen und finanziellen Mittel sind begrenzt. Auch Making-ofs unterliegen, wider ihrem oft betonten Versprechen vom nicht selektierten Blick hinter die Kulissen, einem starken Diskurs der Selektion, wodurch bewusst einige Dinge gezeigt werden und andere wiederum nicht (vgl. Foucault). Doch gerade diese Ausschlusslogik dient der Konstitution der Netzwerkstruktur ebenso wie der des Making-ofs.
Neuere soziologische Netzwerk-Ansätze haben ihren Interessensschwerpunkt endgültig auf Handlungen verschoben. Ein solcher Ansatz ist die Akteur-Netzwerk-Theorie von Latour. Für Latour sind Menschen und Objekte gleichberechtigte Aktanten, die handeln und Widerstand leisten können. Somit verliert das Subjekt seine klassische Vormachtstellung zu Gunsten einer stärker soziotechnischen Konstellation. Objekte können ebenso wie Menschen handeln, indem sie Reaktionen bedingen. Zentral ist die durch Mensch und Objekt gebildete ‚handelnde Einheit’, ein Hybrid, der einem bestimmten Handlungsziel folgt.
Das Konzept des Netzwerkes vermittelt daher die Überlegung, dass die Handlung, ein Machensprozess, nicht nur in Beziehung zum Akteur steht, sondern ebenso (und u.U. ausschließlich) zu Objekten und eben Technologien. Bezogen auf Making-ofs zeigt sich dies auf zwei Ebenen: Beobachten wir Prozesse, dann gilt es, machende Individuen gleichsam wie die prozessinitiierenden oder prozessherstellenden Objekte zu identifizieren. Ohne die technische Umsetzung und den Gestus des Zeigens ist ein Machensprozess (Tanzen im Wohnzimmer) eben kein Making-of, sondern nur privates Tanzen (vgl. auch Skizze). Machen und Medialität werden im Making-of zur ‚handelnden Einheit’. Daran schließt der Gedanke an, dass die Making-of-Perspektive den Fokus vom Produkt, also vom Werk, auf den Verlauf, den Prozess, verschiebt.
In einem künstlerischen Kontext kommt das Netzwerk in seiner, oben gezeigten, vielseitigen Denkbarkeit und Relevanz für Making-ofs in Arbeitsprozessen folgendermaßen zum Tragen. Zum einen ist eine Verschiebung der Künstleridentität vom ‚Schöpfer’ zum ‚Organisator’ zu beobachten (vgl. Wetzel), zum anderen erfährt prozessbasierte Kunst wie beispielsweise die Performancekunst einen vielgesichtigen Wandel: Früher besaßen Performances einen singulären ‚Ereignischarakter’ und sie verloren in der photographischen Dokumentation ihre gesamte Prozessualität. In Arbeiten wie der Serie Synthetic Performances (2007) von Eva und Franco Mattes alias 0100101110101101 werden historische Performances als netzbasierte Kunst in der virtuellen Realität (und Ästhetik) von Second Life re-enacted. So auch die Performance Imponderabilia (1970) von Marina Abramovic und ihrem Partner Ulay, für welche sie sich in der damaligen Aufführungssituation nackt und einander zugewandt in den Galerieeingang stellten. Die Gäste mussten sich, ihm oder ihr zugewandt und die nackten Körper streifend, Zugang verschaffen. Eva und Franco Mattes bildeten 2007 die gleiche Situation als Computeranimation nach und ließen verschiedenste Charaktere zwischen ihren eigenen Avataren passieren. In diesem Kontext fungiert die Beschreibung, Beobachtung und Ästhetisierung der historischen Performance von 1970 als Making-of.
Zeitgenössische künstlerische Arbeiten, welche einem Making-of Rechnung tragen, spielen also häufig und auf unterschiedliche Weise mit der Komplexität des Netzwerk-Begriffes.