Making-of
Ein Lexikon

Making-of. Ein Lexikon versammelt Texte zum Begriff Making-of. Die Online-Plattform wurde von Studierenden der Geistes- und Kulturwissenschaften initiiert. Sie widmet sich der Erforschung verschiedenster Making-of-Formate in der Gegenwartskultur und kann um neue Begriffe und Texte erweitert werden.

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Rain (Madonna)

Rain ist der Titel eines Musikvideos von Madonna, das am 21. Juni 1993 erstmals ausgestrahlt wurde. Die Dreharbeiten zu Rain fanden im Vormonat in einem Hangar im kalifornischen Santa Monica statt. Regie führte Mark Romanek. Bei den MTV Music Video Awards 1993 wurde der Clip in den Kategorien Best Cinematography (Harris Savides) und Best Art Direction (Jan Peter Flack) ausgezeichnet.

Thematisch verhandelt die Ballade Rain das Wohl und Weh der Liebe, welches die Lyrics (Ciccone, Pettibone) zum Teil mit meteorologischen Phänomenen umschreiben („your love’s coming down like rain“). Auf der Bildebene des Videos wird dies nur sporadisch umgesetzt: ganz direkt, wenn auf einer Leinwand dunkle Wolken aufziehen („dark clouds“), ein junger Brasilianer Madonna sehnsuchtsvoll in die Augen blickt („you looked into my eyes“) oder die beiden einander küssen („your lips are burning mine“); etwas subtiler, wenn Scheinwerfer hell aufleuchten („here comes the sun“), Wasser aus einem Sprinkler über das Gesicht Madonnas strömt oder das Nass gläserne Wände hinabrinnt („rain“).

Diese das Literale und Metaphorische der Textebene visualisierenden Bildfindungen verschränken sich – inspiriert von einem als Toilettenszene angelegten Werbespot mit Catherine Deneuve für eine Gesichtspflege von Yves Saint Laurent (vgl. Crème de Soin) – mit solchen, die den Clip vorgeblich zum Making-of seiner selbst machen: Handlungsort ist ein Filmstudio, das sich den Schriftzeichen auf Schildern und Computerbildschirmen zufolge in Japan befindet. Mit Kopfhörern und Skript bewehrt, liegt Madonna auf einer Chaiselongue und probt den Song sowie die ‚später‘ auszuführenden Gesten. Scheinbar unbeachtet sitzt sie zwischen filmischem Gerät und wartet auf ihren Einsatz. Kameramänner und Techniker laufen umher. Belichtungsmesser und Synchronklappen werden in den Bildausschnitt gehalten. Das Gefilmte wird auf Computer übertragen und dort bearbeitet. Madonna erhält Anweisungen vom Regisseur (Ryuichi Sakamoto). Stylisten frisieren sie. Visagisten schminken sie vor und während des Drehs – ein ‚Bemalen‘, das auch als Anspielung auf die intensive Postproduktion und die daraus resultierende, artifizielle Farbigkeit des Videos zu verstehen ist.

Besonders deutlich wird die angebliche Identität von Clip und Making-of während der Bridge, in der akustischer, visueller und dramaturgischer Höhepunkt in eins fallen. Denn synchron zu der aufsteigenden Tonfolge, die diesen Formteil einleitet, wird ein Lichtregler nach oben geschoben, sodass die Scheinwerferinstallation hinter der singenden und tanzenden Madonna gleißend hell erstrahlt. Die Reaktionen des Regisseurs und seiner Crewmitglieder reichen von Zufriedenheit über Erstaunen bis Bewunderung, ja mehr noch: Auch von der Szene abgewendete Mitarbeiterinnen scheinen vom Gleißen des Stars erfasst, drehen sich um und erstarren andächtig – eine Affizierung, die wohl einen ähnlichen Gefühlszustand beim Fernsehpublikum erzeugen soll.

Aufs Ganze gesehen lässt sich resümieren, dass es sich bei Rain um den Sonderfall eines behaupteten Making-ofs handelt, das zwar keinen Aufschluss über die tatsächlichen Dreharbeiten gibt, aber gleichwohl das Gemachtwerden und damit das prinzipielle Gemachtsein des Videos sowie des audiovisuellen Bildes schlechthin zum Thema hat. Die Schlusseinstellung zeigt entsprechend zwei Bildschirme mit einer zunächst beschleunigten, dann angehaltenen Aufnahme von Madonna, die noch ein letztes Mal auf dem Hergestellten des Clips beharrt.

Quellen

Ciccone, Madonna / Shep Pettibone: „Rain.” Abgedruckt im Booklet der CD Erotica, 1992.

Crème de Soin. F 1992, Regie: Jean-Baptiste Mondino.

Rain. USA 1993, Regie: Mark Romanek.