Kochshows sind neben Castingshows die wohl besten Bespiele für die Präsenz einer Kultur des Making-ofs innerhalb der breiten Populärkultur. Kochsendungen zeigen häufig einen oder mehrere Köche, die vor laufender Kamera Gerichte zubereiten und deren Herstellung in verschiedenen Arbeitsschritten erläutern: Kochen als kommentiertes, gezeigtes Machen.
Wissenschaftliche Arbeiten wie auch journalistische Beiträge zur Populärkultur, Medialität und sozialen Relevanz von Kochshows im deutschen Fernsehen staunen nicht selten über die Diskrepanz zwischen den im Fernsehen dargebotenen Fünf-Gänge-Menüs und dem, was in den meisten deutschen Haushalten, die bei Aldi, Lidl und Co. einkaufen, auf den Tisch kommt. Als DIY-Format scheinen die täglich ausgestrahlten Kochshows also kaum genutzt zu werden; wie erklärt sich aber dann die rasante Zunahme von Kochformaten im Fernsehen und ihre hohen Einschaltquoten?
Seit der ersten deutschen Kochshow (Clemens Wilmenrod bittet zu Tisch, 1953-64) werden in diesen Shows Koch- und Haushaltstipps anschaulich vermittelt, und wird nebenbei zusätzlich über küchenfremde Themen diskutiert. Zentrale Aspekte dieser Formate sind die direkte Ansprache der Zuschauerschaft, die Anschaulichkeit bei der Vermittlung von Arbeitsprozessen und, nicht unwesentlich, ihre Ästhetik, denn das Auge isst vor allem dann mit, wenn die Gaumenfreude ein reiner Augenschmaus bleibt.
Die Kochsendungen der Wirtschaftswunderjahre sollten die wieder verfügbare Lebensmittelvielfalt in die deutschen Haushalte einführen bzw. die Hausfrau mit dem ‚exotischen’ Fruchtsalat oder dem ‚Toast Hawaii‘ auf den ‚internationalen’ Geschmack bringen; das Format besaß Bildungsauftrag. Im Gegensatz allerdings zum per Gender-Stereotyp generierten Druck, es gehöre zum guten Ton, zu kochen, war das Bedürfnis, den eigenen Stil zum Ausdruck zu bringen, verhältnismäßig gering.
Mittlerweile lautet für die Vielzahl von Kochshow-Konzepten, welche seit Mitte der 2000er-Jahre entwickelt wurden, die Devise ‚Lifestyle‘. Dem klassischen Konzept am nächsten sind Shows, die einen oder mehrere Sterneköche bzw. Prominente ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken wie beispielsweise alfredissimo (1994-2006), Kerners Köche (2005-2007), Lanz kocht! (2008-2012) oder Lafer! Lichter! Lecker! (seit 2006). Beim Blick über die Schulter der „Koch-Pop-Stars“ (Meier 254) wird suggeriert, man könne lernen, wie die ganz Großen kochen – quasi das Starkochbuch als TV-Format.
Meier weist darauf hin, dass Kochen und Erklären Handlungs- und Sprechakte sind, die einer performativen Stilisierung unterliegen, und lehnt sich dabei an die Theorien Butlers und Fischer-Lichtes an, wenn er darin die performative Erzeugung von Lifestyle in einer Aufführungssituation inszeniert sieht. (vgl. 254) Dabei ist unter Lifestyle „eine Verbindung zwischen sozialem und individuellem Stil zu verstehen“ (260), also performative Identitätsbildung, die als Ästhetisierung von Making-of-Konzepten in der Populärkultur in den Kochshows zum Ausdruck kommt und von den Zuschauern konsumiert wird.
Kochsendungen in Wettbewerbsformaten wie Teufels Küche (2005), in denen zwei Promiteams gegeneinander antreten und über Zuschaueranrufe die Sieger gewählt werden, oder Das perfekte Dinner bzw. Das perfekte Promi Dinner (beide seit 2006) erfreuen sich allerdings der höchsten Zuschauerquoten. Beim Perfekten Dinner kochen verschiedene Teilnehmer gegeneinander und werden von ihren Gegnern anhand der Gerichte, des gastgebenden Services und der Tischdekoration beurteilt. Innerhalb der Sendung werden Einkauf, Kochen, Dekoration und der Verlauf des Essens von der Kamera begleitet, wie auch die Reaktion der Gäste eingefangen. Ähnlich wie in Castingshows wird hier der Normalbürger zum Sendungs-Star. Außerdem gibt es noch Kochshows, die sich als Doku-Soaps verstehen. Sendungen wie Rach, der Restauranttester oder Die Kochprofis (beide seit 2005) ergründen die Frage, wie man ein erfolgreiches Restaurant führt. Hilfebedürftige Gastronomen können sich bewerben und berühmte Köche mit eigener Restauranterfahrung geben Tipps oder greifen direkt in den Restaurantbetrieb ein.
Deutlich wird die Verschiebung von der Idee der Kochanleitung mit Bildungsziel hin zur voyeuristischen Beobachtung von ästhetischen Arbeitsprozessen in der Küche. Ob der Zuschauer am Ende tatsächlich noch zum Kochlöffel greift oder doch lieber die Tiefkühlpizza in den Ofen schiebt, ist einerlei.