Nicht nur für die Filmbetrachtung, sondern auch für das Making-of bedeutete das Aufkommen digitaler Medien eine Revolution: Mit dem Einlegen des Films wurde der non-lineare Zugriff auf eine Fülle von Paratexten ermöglicht, ohne den Weg über den Referenzfilm gehen oder gar andere Medien (z.B. Buchpublikationen) hinzuziehen zu müssen. So konnte das Making-of, das heute beim Kauf von Filmen auf DVD oder BluRay eine Standardbeigabe darstellt, „zu einer Angelegenheit der DVD“ werden (Paech 222). Konzentrierten sich frühe Bestrebungen, Filme mit informierendem Material auszustatten, zunächst auf kanonisierte Klassiker (wie im Fall der hunderte von Titeln umfassenden Criterion Collection), sind die Bonus Features inzwischen zum Standard für alle Filme avanciert, als symbolisches Kapital gemäß der Quantifizierbarkeitsformel: „[J]e umfangreicher die Ausstattung, desto bedeutsamer der Film!“ (Wortmann 99) Ein ohne Extras angebotener Film bekommt das abwertende Etikett der ‚Vanilla Edition‘ verpasst, was als Stigma einer wenig cineastischen Anspruch verratenden Kaufentscheidung auf den Rezipienten zurückfällt. Motto: Wer nicht auf Audiokommentar oder Making-of Wert legt, weiß den Film nicht zu schätzen. Der Kenner liest dagegen Filmzeitschriften, die bei der Einschätzung von DVD-Veröffentlichungen mittlerweile getrennte Bewertungssysteme für die Qualität des Films und die Ausstattung mit Extras führen, oder gar nur letztere bemessen. Um besser abzuschneiden und einen Mehrwert der DVD gegenüber dem Kinoerlebnis zu suggerieren, bemühen sich Verleiher, bei der Vermarktung ihrer Produkte einander durch immer umfangreichere ‚Special Editions‘, ‚Extended Editions‘, ‚Limited Editions‘ oder ‚Collector‘s Editions‘ auszustechen, wodurch auch bei Re-Releases stets umfangreicheres Zusatzmaterial zu Tage gefördert und in immer neue Making-ofs integriert werden muss – bei der Lord of the Rings-Trilogie etwa wächst das Bonusmaterial mit jeder Neuauflage. So existieren nicht nur separate Features zu Produktionsaspekten wie Kostümentwurf, Schnitt und Toneffekten, sondern sogar eigene Dokumentationen zum Adaptionsprozess oder zur Inspiration für den Titelsong.
Häufig dient das traditionelle Making-of-Siegel im Zuge der Ausdifferenzierung innerhalb der DVD-Kultur als Dachbegriff für andere Spielarten. Zu den unterschiedlichen Formaten, die einen Blick hinter die Kulissen werfen, zählen ‚Behind the Scenes‘-Features (die durch unkommentiertes B-Roll-Material Drehatmosphäre vermitteln), Interviews, erklärende Audiokommentare von am Produktionsprozess Beteiligten, nach unterschiedlichen Aspekten ausdifferenzierte Kurzdokumentationen und bei besonders prestigeträchtigen Drehs das u.a. vom Lord of the Rings-Regisseur Peter Jackson gepflegte Produktionstagebuch, das den Fans bereits parallel zum Dreh regelmäßige Updates vom Set verspricht, im Internet für eine Form des viralen Marketings sorgt und später auf der DVD bzw. BluRay wiederzufinden ist.
Mit Sicherheit hat die DVD-Kultur einen Paradigmenwechsel vom retrospektiv recherchierten Making-of hin zur simultanen Begleitung des Filmdrehs eingeleitet, wenngleich das Material nachträglich redigiert und der DVD als retrospektives Making-of beigegeben wird. Doch obgleich behauptet wird, durch DVDs seien insgesamt bessere Making-ofs möglich gemacht worden, weil nicht länger nur die Werbung für den Hauptfilm im Vordergrund stehe, sondern tatsächlich Arbeitsprozesse dokumentiert werden (vgl. Barlow 80), ist der Verkaufsaspekt auf dem Heimkinomarkt nicht zu vernachlässigen. Das gilt auch für umfangreichere, durch Autoritäten wie Filmkritiker oder -historiker beglaubigte, retrospektive Making-ofs über neu aufgelegte Filmklassiker, die zwar z.T. kritisch und detailliert informieren, jedoch ebenfalls zum Kauf der DVD animieren sollen und, im Einklang mit der Rhetorik des klassischen Making-ofs, den Regisseur zentral setzen und zum Ausgangspunkt für Produktionsgeschichte sowie Deutungsversuche wählen. Hierfür sind die Kurzdokumentationen auf der Alfred Hitchcock Signature Collection ein treffendes Beispiel.
Die Vorstellung einer gründlich umgekrempelten Rezeptionslandschaft, in der die DVD insgesamt ein Umdenken von narrativer Sequenzierung hin zum Filmkonsum als Selektion aus einer Datenbank eingeleitet haben soll (vgl. Hight 5), ist im Hinblick auf Making-ofs noch nicht im großen Stil realisiert – dafür werden sie auf der DVD häufig zu stiefmütterlich behandelt. So trägt ein 45-minütiges Feature, sofern es (wie häufig praktiziert) nicht einmal in einzelne Tracks unterteilt wurde, regelrecht analogen Charakter, da auf einzelne Stellen und Produktionsaspekte häufig nur wie beim Video per Suchlauf zugegriffen werden kann. Vielversprechende Ansätze liefert das über mehr Speicherplatz verfügende Nachfolgemedium BluRay, das verstärkt alternative Sehzugänge anbietet. So kann selbst beim Anschauen des Hauptfilms dessen Gemachtheit thematisiert werden, beispielsweise in der direkten Gegenüberstellung von Storyboard-Konzepten mit fertigen Sequenzen oder durch Umschalten aus dem Film heraus zur Szenenanatomie. Dies hebelt auch die lange geltende, rigide Unterscheidung zwischen Making-of und begleitendem Audiokommentar aus, nach der letzterer parallel zur ‚discourse time‘ des Films stattfinde, ersteres dagegen nicht (vgl. Voigts-Virchow 132).