Das vom strukturalistischen Literaturwissenschaftler Gérard Genette geprägte Konzept des Paratextes, das einen Begleittext im Umfeld des (literarischen) Werks designiert, stellt eine Möglichkeit dar, das Making-of und seine Beziehung zu einem Haupt- bzw. Referenztext theoretisch zu fassen.
Genette interessiert sich in seiner ursprünglichen Formulierung des Paratext-Begriffs für diejenigen Texte, die vor der eigentlichen Lektüre eines Buches vor den Leser treten und in „eine[r] ,unbestimmte[n] Zone‘ zwischen innen und außen“ zu lokalisieren sind, „die selbst wieder keine feste Grenze nach innen (zum Text) und nach außen (dem Diskurs der Welt über den Text) aufweist“ (10). Genette will Paratexte nicht als überflüssige Anhängsel verstanden wissen, sondern geht von einem produktiven Verhältnis zwischen dem Haupttext und seinen traditionell unberücksichtigten Begleitern aus. Zwischen ihnen sieht Genette keinen rigiden Gegensatz, stellt sie allerdings zueinander in ein klar hierarchisches Verhältnis. Vom literarischen Kontext erfuhr der Paratext-Begriff, den Genette u.a. anhand seiner Position und seines pragmatischen Status‘ näher bestimmt, eine Ausdehnung und wird mittlerweile auch in multimedialen Kontexten gebraucht (vgl. Stanitzek 12f.). Speziell Genettes zentrale These, dass die Rolle von Paratexten für die Rezeption von Werken unbedingt zu berücksichtigen ist, da diese nie im luftleeren Raum, sondern immer auf Grundlage von Vorwissen und vermittelt durch paratextuelle Begleiter wie den im erweiterten Umfeld zirkulierenden Epitexten (u.a. Rezensionen, Interviews) und den verlegerischen Peritexten (u.a. Klappentext, Buchcover) erfolgt, ist für die Diskussion von Making-of-Formen von zentraler Bedeutung. In einer Kultur des Making-ofs, die in so unterschiedlichen Feldern wie Architektur, Handwerk oder Kochen Entstehungsprozesse offenlegt (so etwa in Form von Begleitpublikationen, Broschüren oder Blogs), in der also immer stärker Gemachtheit ausgestellt und in der etwa die filmische Illusion auf dem DVD-Begleitmaterial gleich wieder entzaubert wird, kommen Werke immer seltener ohne ein die Entstehungsgeschichte dokumentierendes, paratextuelles Angebot auf den Rezipienten.
Auch die von Genette betonte zeitliche Dimension – er unterscheidet zwischen dem Hauptwerk vorgeschalteten, zeitgleich mit seiner Publikation erscheinenden sowie nachträglichen Paratexten (13) – lässt sich auf den Making-of-Kontext übertragen, wo zwischen prospektiven, simultanen und retrospektiven Varianten zu unterscheiden ist.
In Genettes Klassifikation wären traditionelle Making-of-Formate wie der Werkstattbericht der Kategorie der öffentlichen, im freien Raum kursierenden („anywhere out of the book“, Genette 328), durch die Verantwortlichen autorisierten Epitexte zuzuordnen; dagegen entfällt eine mediale Separierung beispielsweise im Fall einer auf der DVD beigefügten Dokumentation, die folglich eher peritextuellen Charakter trägt. Genettes Konzeption sieht ferner auch den mittlerweile nicht unüblichen Fall vor, dass es Paratexte ohne Text, „nämlich verlorengegangene oder gescheiterte Werke“ (11), geben kann (Lost in La Mancha). Die darin angedeutete Umkehrung des traditionellen Verhältnisses zwischen vorrangigem Haupt- und supplementärem Paratext thematisiert Genette allerdings nicht im Detail.
Folglich erwächst aus der Anwendung von Genettes Konzept auf den Making-of-Kontext auch eine Gefahr der Einseitigkeit, denn der Paratextbegriff stellt die Selbständigkeit von Making-ofs in Abrede, die sich nicht nur als Appendix zu einem Hauptwerk bzw. im Sinne des von Genette beschriebenen „Hilfsdiskurs[es]“ verstehen, der ganz „im Dienst einer anderen Sache steht, die seine Daseinsberechtigung bildet“ (18). Darüber hinaus suggeriert die Betonung des paratextuellen Charakters von Making-ofs ein parasitäres Wesen und reduziert das Format auf die Rolle als bloßes, von einem Wirt genährtes Nebenprodukt. Michel Serres hat dieses die Kultur durchringende, parasitäre Abhängigkeitsverhältnis als das „des einfachen, nicht umkehrbaren Pfeils, der nur eine Richtung und kein Zurück kennt“, charakterisiert (14) – die Absage an eine von gegenseitigem Austausch charakterisierte Beziehung und die Abwertung zur Sphäre des Exkrements und Abjekts mag z.T. für diejenigen Making-ofs gelten, die tatsächlich nur als rein kommerzielle, werbende Maßnahme lanciert werden und ohne eigenständigen Wert sind. Jedoch haben sich v.a. im Kontext der darstellenden Künste längst Making-of-Formate mit eigenem künstlerischen Anspruch und eigenen Inszenierungsstrategien etabliert.