Bei Exit through the Gift Shop (2010) handelt es sich um ein Faking-of, das zugleich das Regiedebüt des legendären Street-Art-Künstlers Banksy ist. In seiner vielschichtigen Satire auf die Mechanismen des Kunstmarkts und das Format des Making-ofs setzt Banksy der Kultur des Machens ein ironisches Denkmal. Der Film geht dabei nicht nur auf die Anfänge der Street-Art-Szene und das für die internationale Kunstszene selbstverständliche, globale Networking ein. Ebenso zeichnet er den Aufstieg eines Star-Künstlers nach und bricht mit traditionellen Vorstellungen von künstlerischem Genie und Originalität.
Im Mittelpunkt des Films, der der Ästhetik des Dokumentarfilms folgt, steht zunächst nicht Banksy selbst, sondern der Geschäftsmann und Hobbyfilmer Thierry Guetta, der die Aktivitäten bekannter Street Artists auf Video aufnehmen möchte und dabei seiner Faszination für die Szene erliegt. Zufällig gerät Thierry durch seine nächtlichen Streifzüge in Kontakt mit dem britischen Szenestar Banksy und assistiert ihm bald mit wachsender Begeisterung bei seinen aufwändigen Kunst-Aktionen. Thierrys Wunsch, seinen Vorbildern nachzueifern und selbst Street Art zu produzieren, kulminiert schließlich in einer zum Großereignis gehypten Ausstellung des nunmehr als ,Mr. Brainwash‘ agierenden Dilettanten, der sich mit Hilfe professioneller Assistenten seinen Einstieg in die Szene erkauft. Dagegen bleibt Thierrys Versuch, aus seinem gesammelten Videomaterial eine Street-Art-Dokumentation zu schneiden, ein hoffnungsloses Unterfangen. Konfrontiert mit dem indiskutablen Ergebnis (einem zusammenhanglosen, hyperaktiv geschnittenen Angriff auf die Seh- und Geschmacksnerven) konstatiert ein desillusionierter Banksy, der schließlich selbst die erzählerische Kontrolle in Exit übernimmt und nunmehr selbst seinem vormaligen Assistenten dokumentarisch nachzuspüren vorgibt: Der von ihm auserkorene Chronist habe sich als „someone with mental problems who happened to have a camera“ entpuppt.
Doch Banksys Erfolg – der von ihm realisierte Film ist ein funktionierendes Making-of, Thierrys Film dagegen nicht – ist ein Pyrrhussieg. Denn mit Thierrys (alias Brainwashs) Durchbruch als Star der Kunstszene zeichnet der Film (wie schon sein Titel andeutet) die endgültige Kommerzialisierung und damit den Untergang der im Independent-Geist gestarteten Street-Art-Bewegung nach.
Vor dem Hintergrund des Making-of-Themas dürfte Exit through the Gift Shop den Endpunkt einer Entwicklung markieren, in der das Entstehen einer Produktionsöffentlichkeit nicht nur reflektiert, sondern bereits einer kritischen Revision unterzogen wird. Street Art erscheint in Banksys Film als Paradebeispiel einer produktiven, bereits stark ausdifferenzierten Dilettantenkultur, deren Mitglieder eine Vielzahl von Distributionskanälen nutzen, in Netzwerken interagieren und mit ihrer vergänglichen, im Internet breit rezipierten Kunst zum Mitmachen einladen. Mit der Schilderung von Thierrys Fall warnt der Film allerdings vor den Folgen des Do-It-Yourself-Impulses, denn aus dem klassischen Eckermann-Verhältnis zwischen dem etablierten, beinah schon kanonisierten Künstler (Banksy) und seinem dilettierenden Epigonen wird eine „Geister, die ich rief“-Erzählung, in der das Geschöpf außer Kontrolle gerät und den Untergang des Herrscherhauses heraufbeschwört.
Zugleich dreht Banksys Film der Öffentlichkeit noch eine lange Nase, denn das Faking-of verweigert sowohl auf der intra- als auch extratextuellen Ebene die Auflösung des Fakes (Thierry Guetta verfügt über einen eigenen Wikipedia-Artikel sowie über einen Credit als Gestalter eines Madonna-Albums) und wurde obendrein 2011 in der Kategorie ,Bester Dokumentarfilm‘ für einen Oscar nominiert.